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Hoffnungsbrief Nr. 11

Eingang: 03.06.2020, Veröffentlicht: 03.06.2020

Hoffnungsbrief Nr. 11
Foto: Ladwig

Liebe Gemeinde,

“Wie schön du bist” - so heißt ein Lied von Sarah Connor. Vor einigen Jahren wurde es von der krebskranken jungen Helena in einem Tonstudio in Berlin gecovert und aufgenommen, als sie schon deutlich gezeichnet war von der Chemotherapie. Schönheit ist für mich ein schwieriges Wort. Ich kenne Mädchen, die sich nur schön finden, wenn sie sich auf Größe 32 runtergehungert haben. Ich höre Leute spotten, wenn jemand nicht dem gängigen Schönheitsideal entspricht, weil er oder sie zu dick ist oder nicht so gekleidet wie es grade hip ist, oder weil er Pickel hat oder sie eine Behinderung. In der Öffentlichkeit scheint Schönheit etwas zu sein, für das es einen Maßstab gibt, mit dem man Schönheit beurteilen kann.

Schönheit wird oft gleichgesetzt mit Perfektion. Ein perfekter Körper, eine makellose Haut, ein stylisches Outfit. Und oft ertappe ich mich dabei, dass ich auch Perfektion anstrebe - nicht unbedingt mit meinem Äußeren, aber in dem, was ich tue. Es soll schön sein, soll gefallen. Ich will gefallen und will, dass andere Menschen mich mögen. Der Wunsch nach Schönheit, nach Perfektion ist der Wunsch nach Anerkennung. Der Wunsch, wahrgenommen zu werden.

So gesehen ist Schönheit etwas, wo zwei dazu gehören einer, der schön ist, und einer, der das erkennt. Aber glücklicher Weise verwischen in der zwischenmenschlichen Begegnung die öffentlichen Maßstäbe von Schönheit. Ich habe mal gelesen, dass uns ein Gesicht, das wir häufig ansehen, schöner erscheint als ein fremdes Gesicht. Da ist es egal, ob dieses Gesicht perfekt ist es ist uns vertraut, wir haben es lieb gewonnen. Der Mensch, zu dem dieses Gesicht gehört, hat eine Bedeutung für uns und deshalb ist es für uns schön.

Schönheit ist Beziehungssache. Wir finden sie in der Beziehung zu anderen Menschen und wir finden sie in der Beziehung zu Gott. Die Beziehung zu ihm macht es für mich überhaupt erst möglich, wahre Schönheit zu entdecken - in mir selbst und im Anderen. Denn wir sind nach seinem Bild geschaffen; sind nicht vollkommen, aber besonders. Wir entfalten unsere Gaben oft eindrucksvoll, aber zugleich geraten wir immer wieder ins Trudeln. Scheitern. Sehen alt aus. Wir brauchen immer wieder Vergebung und Neuanfänge. Aber trotz aller Unvollkommenheit sind und bleiben wir Gottes Ebenbild. Für mich ist das die Grundlage meiner Arbeit in und an Gottes Welt. Jeder Mensch, dem ich begegne, ist Gottes Ebenbild. Ich bin es ihm und Gott schuldig, ihn zu lieben als meinen Nächsten, als Menschen, der mir anvertraut ist. Meine Aufgabe ist es, die Schönheit des anderen zu entdecken und ihm in unserer Begegnung zu zeigen: Du bist schön.

Wenn ich mir überlege, wie ich mir Kirche und Gemeinde wünsche, dann ist das ein ganz wichtiger Punkt: Gemeinde als ein Ort, an dem Menschen ihre Schönheit entdecken. Ihre Gaben, das, was in ihnen steckt. Ein Raum, in dem sich alle Menschen, ob jung oder alt, gesund oder krank, heimisch oder fremd, entfalten können zu dem Leben, das Gott sich für sie erdacht hat. Ein Ort, an dem sie signalisiert bekommen: Du bist schön! So, wie du bist, bereicherst du das Leben!

Wie schön du bist! Sarah Connor hat dieses Lied für ihren pubertierenden Sohn geschrieben …der wie viele Jugendliche in dem Alter genau daran zweifelt. Helena hat dieses Lied gesungen und damit der Welt gezeigt, wieviel Schönheit in einem unvollkommenen kranken Körper steckt. Und in unserer Beziehung zu Gott können wir es immer wieder erfahren: Du bist schön! So, wie du bist, bist du einzigartig. Einer wie der andere Gottes Ebenbild, aber doch keine wie die andere - sondern jede, jeder besonders, unverwechselbar und auf die je eigene Art vollkommen.

Herzlichst, Ihre Zwischenzeit - Pastorin
Anne-Christin Ladwig
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