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Hoffnungsbrief Nr. 47

Eingang: 18.02.2021, Veröffentlicht: 18.02.2021

Hoffnungsbrief Nr. 47
Liebe Gemeinde!

Gestern standen in meinem Garten noch zwei Schneemänner. Zwar ohne Mohrrübennase und ohne Kieselsteinaugen, aber trotzdem unverkennbar. Naja, eigentlich sollten es eine Schneefrau und ein Schneemann sein. Und einen kleinen Schneehund gab es außerdem. Im Laufe eines Vormittages ist das Trio entstanden, durch die Hände meiner Nichten. Da standen sie und schauen durch mein Wohnzimmerfenster, so als ob sie gucken wollen, was da alles passiert.

Im Moment ist das wahrscheinlich eher ein langweiliger Anblick. Besuch ist ja nur sehr eingeschränkt möglich, und die meiste Zeit sitze ich ohnehin am Schreibtisch. Und wenn die Zeiten sich endlich geändert haben und wir uns alle wieder ungehindert besuchen können und endlich wieder Leben in den Wohnzimmern ist -dann sind sie schon lange nicht mehr da. Denn sobald die Temperaturen steigen und die Sonnenstrahlen über die Baumkronen fallen, schmelzen sie dahin, die Schneemänner und Schneefrauen dieser Welt. Ihre Tage sind gezählt. Der Schnee wird zu Wasser, das langsam im Boden versickert. Auch meine Schneegesellen sind schon ordentlich geschrumpft und der Schneemann hat sogar schon den Kopf verloren.

Auch unsere Tage sind begrenzt... nur dass uns das meist nicht so deutlich vor Augen steht. Oft nimmt der Alltag uns gefangen mit seinen Anforderungen und Aufgaben, mit seinen Ansprüchen und Ablenkungen. Wie ein Hamster in einem Laufrad hetzten wir durch die Tage und Wochen, durch die Monate und Jahre unseres Lebens und sorgen dafür, dass um uns herum alles seinen Gang gehen kann, im Beruf, in der Familie, im Ehrenamt. Klar, dass man sich bei diesem ganzen Stress auch mal etwas Gutes gönnen will, und in dieser herausfordernden Zeit vielleicht noch mehr als sonst ... ein Riegel Schokolade zwischendurch, oder ein Glas Wein am Abend. Aber jetzt, wo am 17. Februar die Passionszeit begonnen hat, werden auch einige Menschen versuchen, von solchen ungesunden Gewohnheiten loszukommen - wenigstens für die nächsten sieben Wochen, bis Ostern. Fastenzeit - so wird die Passionszeit auch genannt.

Bei vielen Menschen löst das Wort Fasten erstmal Irritationen aus. Vor ein paar Jahren hat ein Kollege bei unserer gemeinsamen Konfi-Freizeit aus Spaß meinen vorösterlichen Verzicht auf Kekse und andere Süßigkeiten (die als Nervennahrung eigentlich unverzichtbar sind auf solchen Freizeiten) mit den Worten erklärt: Anne macht Diät. Dieses “Missverständnis” bin ich die ganze Freizeit nicht losgeworden. In Wahrheit hat die Fastenzeit mit Diät überhaupt nichts zu tun. Sie ist auch nichts, was es nur in der katholischen Kirche gibt und es heißt auch nicht: sieben Wochen gar nichts essen.

Fasten heißt: sich das Leben wieder bewusst zu machen. Das Laufrad abzubremsen, damit man wieder nach rechts und links gucken kann. Mehr auf sich zu achten und darauf, was einem gut tut. Freier, leichter werden. Ballast abwerfen. Den Hunger in sich nicht mit Schokolade stillen oder mit Fernsehgucken betäuben, sondern danach suchen, was wirklich satt macht. Verzichten- und dadurch wieder spüren, was wichtig ist im Leben, was hält und trägt und erfüllt.
Ich möchte mein Leben nicht verrinnen lassen, so wie das Leben von Schneefrauen - und männern unweigerlich verrinnt wenn es wärmer wird. Dazu hilft mir so eine Zeit des Innehaltens, ein Ritual des bewussten Verzichts. Sie übt mich darin, die Leere auszuhalten - und darauf zu vertrauen, dass Gott sie füllt. Sieben Wochen anders leben - einen gesegneten Start in die Passionszeit wünscht Ihnen

Herzlichst, ihre Zwischenzeitpastorin
Anne-Christin Ladwig
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